In loser Reihenfolge gibt es hier kleine Texte zum Heilsberg:
Den Auftakt machte ein Bericht von Herbert Zunk über seinen ersten Tag im Kindergarten: „Tomatensuppe“, veröffentlicht am 17.03.2023. An den darauffolgenden Freitagen erschienen: „Der Zusammenhang von Rente, Kinderwagen und Sperrmüll“ von K. Schwab, veröffentlicht am 24.03.2023; „Erwischt“ von Wolfgang Girke, veröffentlich am 31.3.2023, „Meine kleine Heilsberger Welt“ von Burkhard Fiebig, veröffentlicht am 6. April 2023, „Unser erster Hund, Nelli“ von Manfred Manthey, veröffentlicht am 14. April, „Kinderzeit auf dem Heilsberg“ von Silvia Drommershausen, veröffentlicht am 21. April 2023, „Der Heilsberg: unser Abenteuerspielplatz“ von Friedrich Pauler, veröffentlicht am 28. April, „Wie der Hausmeister zu einem Huhn kam“ von Bernd Teichmann, veröffentlicht am 5. Mai und „Die ‚Teppichkunst‘ auf dem Heilsberg“ von Winfried Suhany, veröffentlich am 10. Mai.
Wenn auch Sie weiterhin lustige, traurige oder informative kleine Texte zu „Heilsberger Geschichte (n)“ haben, melden Sie sich bei der Geschichts-AG: heilsberg-geschichte@gmx.de
„Teppichkunst“ am Heilsberg
Früher gab es deutlich mehr Einzelhandel am Heilsberg: In der Alten Frankfurter Straße war die ‚Bad Vilbeler Volksbank‘, ein Friseur, zwei Lebensmittelgeschäfte, ein Schuhgeschäft und die Metzgerei Dürr. In der Nähe gab es zusätzlich eine Drogerie, ein Radiogeschäft, einen Schuster, eine Wäscherei und einen Bäcker, der noch selber Brot backte. Weitere Geschäfte waren in der Sudetenlandsiedlung und in der Friedensstraße. Eines der Geschäfte, das nicht mehr existiert und an das sich die älteren Heilsberger bestimmt erinnern werden war ein Geschäft für Orientteppiche, die ‚Teppichkunst‘. Dies ist ihre Geschichte:
Nach dem Krieg war mein Vater, Richard Suhany, Betriebsleiter einer Teppichmanufaktur im Bayrischen Wald, in der Teppiche mit persischen Mustern von Hand geknüpft wurden. 1956 war es dann soweit: mein Vater wagte den Sprung in die Selbständigkeit. Auf dem Heilsberg, in der Alten Frankfurter Straße 29, hatte er alles für die Herstellung von handgeknüpften Teppichen vorbereitet. Auf dem Grundstück, auf dem auch das Wohnhaus stand, wurde in Eigenarbeit ein Ausstellungsraum und Räume für die Herstellung der Teppiche erbaut.
Aufgrund der gestiegenen Löhne erwies sich die Herstellung von handgeknüpften Teppichen recht bald als nicht mehr rentabel. Es wurde neu geplant: die Teppiche wurden nicht in Bad Vilbel geknüpft, es wurden hochwertige Teppiche aus dem Orient importiert. Der Verkaufsraum wurde zur Präsentation der Orient-Teppiche umgestaltet. Die ursprünglich für die Herstellung der Teppiche geplanten Räume konnten nach einem Umbau vermietet werden.
Zum Angebot der ‚Teppichkunst‘ (so hieß das Geschäft nun) gehörten nicht nur der Verkauf hochwertiger Orientteppiche, sondern auch die professionelle Reparatur und die Reinigung von Orientteppichen. Das alles wurde ohne Angestellte auf die Beine gestellt. Das Geschäft lief erst nach und nach an, am Anfang wurden daher unter Mitarbeit der Familie auch Weihnachtsbäume verkauft. Diese wurden im Taunus geschlagen und mit dem Trecker angeliefert. Am 24. Dezember 1963 wurde der letzte Weihnachtbaum von einem Mann mit Motorrad und Beiwagen in der ‚Teppichkunst‘ abgeholt.
Gute Beratung war wichtig: Hatte ein Kunde einige Teppiche in die engere Wahl genommen, wurden diese beim Kunden aufgelegt und dort auch für ein Wochenende zur Ansicht belassen. Gegebenenfalls wurde der richtige Teppich beim Importeur bestellt. Wesentliche Werbemaßnahme waren die jährlichen Teppichausstellungen im Kurhaus Bad Vilbel. Dort wurde im Oktober der große Saal gemietet und ein breites Spektrum an Teppichen präsentiert. Die Organisation war eine Herausforderung, die unter Mitarbeit von Familie und Freunden gestemmt wurde. Die Qualität der Beratung und der Teppiche sprach sich nach und nach herum und das Geschäft wuchs. Die ‚Teppichkunst‘ hatte nicht nur Kunden in Bad Vilbel, sondern im gesamten Rhein-Main-Gebiet und darüber hinaus. Aufgrund seiner Kenntnisse auf dem Gebiet der Orientteppiche wurde mein Vater von der Industrie- und Handelskammer als vereidigter Sachverständiger für Teppiche benannt.
Die ‚Teppichkunst‘ machte meinem Vater Spaß und er hatte deutlich über das Rentenalter hinaus gearbeitet. Ende der 80er Jahre beschloss er jedoch kürzer zu treten und nur noch als Sachverständiger tätig zu sein. Der Laden wurde an die Firma ‚Radio-Peter‘ vermietet, die vorher im Iglauer Weg war und sich über die bessere Lage freute. Die Firma Radio Peter war etwa 5 Jahre in den Räumen der ‚Teppichkunst‘, anschließend kam eine Änderungsschneiderei. Heute ist ein Pizza-Lieferdienst in dem Gebäude.
Autor: Winfried Suhany
Wie der Hausmeister zu einem Huhn kam
Eines Nachmittags im Herbst kamen meinen Freunden Jens, Martin und mir die Idee ein Huhn in unserem Klassenraum zu verstecken. Wir freuten uns schon auf die überraschten Gesichter unserer Mitschüler und der Lehrer. Als erstes ließen wir nach Schulschluss an zwei Kippfenster die Verriegelung offen aber das Fenster selber war geschlossen. Nach Einbruch der Dämmerung liefen wir den Plattenweg in der Höhe des Pommernweges entlang und da zu dieser Zeit jeder in der Friedenstraße auf der Rückseite im Garten Hühnerställe besaß, liehen wir uns dort ein Huhn aus und liefen schnell zu unserer Schule, der Ernst-Reuter-Schule, die ja ganz in der Nähe lag. Da sich unser Raum im Hauptgebäude im ersten Stock befand, kletterten wir per Räuberleiter mit dem Huhn unter dem Arm auf das umlaufende Vordach. Wir hatten Glück, ein Fenster ließ sich noch öffnen und wir schubsten das Huhn schnell in unseren Klassenraum, schlossen das Fenster und rannten nach Hause. Am nächsten Morgen standen wir alle vor dem Klassenraum und als unser Lehrer aufschloss, gackerte das Huhn fröhlich und hatte schon einige Hinterlassenschaften im Raum verteilt. Der Raum wurde sofort wieder verschlossen und der Hausmeister, Herr Heidel gerufen. Dieser fing das Huhn ein, steckte es in einen Sack und begann den Raum zu reinigen. Leider konnte der Unterricht dann noch stattfinden und es wurden natürlich nachgebohrt wie das Huhn in den Raum kam, jedoch ohne Ergebnis. Wir wollten ja das geliehene Huhn später zurückbringen, da hatten wir aber nicht die Rechnung mit dem Hausmeister gemacht. Da ihm die Herkunft des Huhns nicht klar war, sah man den Hausmeister kurze Zeit später mit Draht und Brettern bewaffnet, um einen Hühnerstall für sein neues Huhn zu bauen.
Autor: Bernd Teichmann
Der Heilsberg: unser Abenteuerspielplatz
Unter dem jetzigen Freudenbergpark war ursprünglich eine Kiesgrube, die im Laufe der Jahre mit Gebäudetrümmern aus Frankfurt aufgefüllt wurde. Für uns Kinder und Jugendliche war dies natürlich eine Fundgrube der besonderen Art: Eisenreste konnten wir sammeln und an Schrotthändler verkaufen, um da-mit unser Taschengeld aufzubessern. Nützlich erwiesen sich auch halbwegs intakte Ziegelsteinen, von denen ich Mörtelreste abklopfte und die Steine mit einem kleinen Leiterwagen nach Hause brachte. Mein Onkel konnte damit dann endlich eine Zwischenwand im Hühnerstall mauern. Nicht so „sinnvoll“ war, was die großen Jungs mit einem offenen Fass voller Teerreste machten: sie steckten es in Brand und wir warfen dann vom Rand der Kiesgrube aus Gewehrmunition, die wir im Schrott gefunden hatten, in das brennende Fass.
Wir hatten generell viele Flausen im Kopf: An einem Haus in der Straße Am Hang gab es im Erdgeschoss ein Doppelfenster, das nach außen geöffnet wurden. Wir besorgten uns einen Knopf und zogen durch das eine Loch einen roten Gummiring. Den befestigten wir in der abendlichen Dunkelheit mit zwei Reißzwecken am Fensterkreuz. Am zweiten Knopfloch befestigten wir einen langen Zwirnsfaden. Versteckt hinter einer kleinen Böschung liegend, konnten wir nun durch kurzen Zug am Faden den Knopf an die Scheibe klopfen las-sen. Der Bewohner öffnete natürlich das Fenster, um zu schauen, wer da sei, sah aber niemanden. Erst nach dem dritten Klopfen entdeckte er unsere Konstruktion. (War gar nicht so leicht, verräterisch lautes Lachen zu unterdrücken…)
Manche unserer lustigen Freizeitbeschäftigungen waren aber auch sinnvoll. So haben wir in einem Maikäferjahr abends die Maikäfer am Russenwäldchen mit einer Taschenlampe angelockt. Sobald sie in Reichweite waren, haben wir sie dann mit einem Federballschläger zu Boden geschlagen, eingesammelt und am nächsten Tag an unsere Hühner verfüttert. Mutter hatte aber Bedenken, dass bei zu häufiger Fütterung die Eier nach Maikäfer schmecken. (Ob sie schon mal einen probiert hatte?)
Später, es war im Jahr 1974, kehrte meine Mutter eines Abends von einer Elternversammlung zurück und berichtete, dass in der Klasse meines Bruders, der 8. Klasse an der Ernst Reuter Schule, aufgrund von Lehrermangel der Chemieunterricht ausfallen sollte. Ich war Chemie-Ingenieur, da lag die Lösung nahe. Als Chemie-Ingenieur erhielt ich, auf Antrag vom Regierungspräsidenten in Darmstadt, einen befristeten Lehrauftrag für diesen Chemie-Unterricht. Er sollte samstags stattfinden. Da ich in meinem Arbeitsverhältnis die 5-Tagewoche hatte, passte das gut. Ich unterrichtete und benotete also auch meinen eigenen Bruder. Sagen wir es mal so: es kam zu manch einer sonst nicht geführten familiären Diskussion.
Autor: Friedrich Pauler
Text gekürzt und angepasst von: Ute Volz
Kinderzeit auf dem Heilsberg
Die Kinder erlebten auf dem Heilsberg eine schöne und erlebnisreiche Zeit. Alle
hatten ähnliche Schicksale zu bewältigen und wir genossen die Freiheit und viele
Freizeit auf dem damals wenig bebauten Heilsberg. Immer mehr Kinder zogen zu
und alle kannten sich untereinander. So traf man sich damals ohne zu verabreden
am Vor- oder Nachmittag zum Spielen. Spielzeug gab es wenig, also teilte man was man hatte oder wir suchten uns Material aus der näheren oder weiteren Umgebung.
Den Phantasien waren keine Grenzen gesetzt. Ende der Spielzeit war das
Glockenläuten um 18 Uhr. Dann hieß es Beine in die Hand nehmen und heimgehen.
Schön waren die Feste und Feiern im Kindergarten oder die Vereinsausflüge. Mit geschmückten Puppenwagen, Rollern oder Bollerwagen zog man über den
Heilsberg. Einmal jährlich ging es zu Fuß zum Gottesdienst auf den Lohrberg. Das war immer ein großes Ereignis. Nach dem Gottesdienst gab es dann viel Spiel und Spaß, bis es wieder auf den Heilsberg zurückging.
Da es kaum Autos gab, konnte man gefahrlos auf den viel später erst asphaltierten Straßen Rollschuh fahren oder Völkerball spielen. Das war ein Treffen für jüngere und ältere Kinder und machte allen viel Spaß.
Autorin: Silvia Drommershausen
Unser erster Hund, Nelli: eine Rarität
Opa Erich hatte in der alten Heimat Falkenburg immer Hunde gehabt, speziell kleine Schnauzer und Terrier zum Rattenjagen in Haus, Garten und den Ställen waren sehr beliebt.Deshalb wurde ich bei Oma Marie aus Alibigründen vorgeschoben: „Manfred möchte gern einen kleinen Hund haben!“
Schon bald war es so weit: Eines Abends rief mich mein Opa nach unten in die Küche, griff in die Tasche seiner Jacke und ans Tageslicht kam ein winziges Hundebaby! Der Abend und die nächsten Tage für mich natürlich gelaufen, der kleine Hund bestimmte jetzt meinen Tagesablauf.
Ursprünglich sah Nelli wie ein normaler Kurzhaardackel aus. Nach einigen Monaten richteten sich jedoch zum Entsetzen der Erwachsenen die Ohren auf.
Nelli war über Nacht der bekannteste Hund auf dem Heilsberg. Originalton meiner Mutter und aller Frauen der Familie: „Mit diesem Hund fällt man überall auf, das ist peinlich, wir gehen nicht mit Ihm spazieren.“ Ich liebte meinen Hund trotzdem heiß und innig. Mein Opa musste daraufhin beichten, dass er den Dackel-Spitz-Mischling aus Kostengründen wählte (er war umsonst zu haben gewesen). Spazieren gehen war damals übrigens denkbar einfach: morgens wurde das Gartentor geöffnet – die Hundekumpel warteten schon -, bis Mittag inspizierten die Kumpel ohne Menschen den Heilsberg, und zum Essen war der Hund später pünktlich wieder zuhause.
Autor: Manfred Manthey
Leicht angepasst: Ute Volz
Meine kleine Heilsberger Welt
Ende der 50iger Jahre war mein liebster Spielplatz die ehemalige Müllhalde Am Hang, vorgelagert dem heutigen Freudenbergpark. In jener Zeit haben die Heilsberger ihren Sperrmüll den Hang hinab in Richtung Bad Vilbel entsorgt. Dies geschah sehr zu meiner Freude denn ich schleppte all viele dieser „Schätze“ wie kaputte Fernseher, Radios oder Mopeds wieder hoch zum gegenüberliegenden Häuserblock. Meine Mutter stand oft lachend auf unserem Balkon am Hang 47 und rief: schaut mal da kommt ein Fernsehgerät mit Beinen. Auf unserem Garagenplatz nahm ich dann die Relikte des Wirtschaftswunders fachkindlich auseinander, sortierte die Einzelteile und installierte somit die erste Mülltrennungsanlage im Wetteraukreis.
Von meinem „Spielplatz“ war ich nur wegzubekommen, wenn meine Mutter fragte, ob ich sie zu einem Einkaufsbummel über den Heilsberg begleiten wolle. Zumeist bejahte ich dies freudig, denn das war für den kleinen Burkhard immer ein Ausflug in die große aufregende Welt.
An der sicheren Hand meiner Mutter war unser erstes Ziel der Lebensmittelladen „Pietsch“ Am Hang 39. Dort gaben wir unsere Milchkanne zum Befüllen ab, um sie auf dem Rückweg wieder abzuholen. Als nächstes führte uns der Weg unmittelbar nach dem Haus „Pietsch“ über einen Verbindungsweg zur Friedensstraße 34. Hier befand sich der Schreibwarenladen von Frau Tolz. Während meine Mutter irgendwelche langweiligen Briefpapiere auswählte, durfte ich rechterhand am Ladentisch die ausgestellten Match Box Autos bewundern. Was für ein Traum! Und wenn ich ganz lieb war und meiner Mutter das Geschirrabtrocknen für eine ganze Woche versprach, dann konnte es sein, dass ich als stolzer Besitzer eines kleinen Feuerwehrautos den Laden verließ.
Nun wandten wir uns nach links in Richtung Alte Kirche der Heilig-Geist-Gemeinde. Nach wenigen Metern erreichten wir den Heilsberger „Zoo“. Das war der Fischladen von Frau Wanda Arndt, geborene Kerath. Direkt rechts neben der Tür vom Nebenhaus der Friedensstraße 18 befand sich ein Bassin mit lebendigen Fischen, die ich staunend beobachtete. Natürlich durfte meine Mutti nur eine Schillerlocke kaufen, denn die quirligen Fische aus dem Fischbecken sollten ja unbedingt am Leben bleiben.
Weiter führte uns der Weg die Friedensstraße hinab, vorbei an unserem Amselhaus und der Kirche mit vorgestelltem Glockenturm. Nächster Halt war der Plattenweg mit Sicherheitsgeländer zur Straße Schlesienring. Hier wurde erst einmal ausgiebig geturnt. Der Plattenweg führte uns dann vor zur Alten Frankfurter Straße 36. Hier war linker Hand des Reihenhaus die Postfiliale untergebracht. Obwohl mal wieder eine Kundenschlange bis vor die Tür stand stellten wir uns brav an, um ein Päckchen „Geschenksendung, keine Handelsware“ in die sogenannte „Ostzone“ für die Omi aufzugeben.
Auf der anderen Straßenseite im Hinterhof der Alten Frankfurter 25 schauten wir dann in der Metzgerei Dürr vorbei. Dort brühte unser Freund, der Metzger Dittrich, im dampfenden Kessel frische Würste. Für mich lohnte sich der Besuch allemal, denn in der Regel bekam ich von dem Ergebnis eine leckere Kostprobe. Gestärkt kreuzten wir dann erneut die Alte Frankfurter Straße, passierten die DEA
Tankstelle, an der Herr Kaschner einen alten VW Bus betankte. Stets im Arbeitsoverall gekleidet schaute er mit seinen durch seine Brille vergrößerten Augen zu uns hinüber. Nun noch ein kurzer Abstecher nach links zu dem Häuserensemble der Jugendlehrwerkstatt. Hier musste unser Nachbar, der Schlossermeister Villmow begrüßt werden, bevor wir Am Hang die Kreuzung Alte Frankfurter Straße erreichten. Hier freute ich mich dann schon ganz tierisch, wenn ich von der Ferne den „Affen“ am Schöllberg erblickte, das legendäre Hinweisschild für den Frankfurter Zoo. Nächster Stopp Am Hang, der damals noch keine Einbahnstraße war, war die Hausnummer 35. Dort war der kleine Kurzwarenladen mit Reinigungsannahme von Frau Maria Wannig zu finden. Hier erstand meine Mutter zumeist irgendwelche bunten Knöpfe, Nähgarn und Hosenstoff, um meine Hosen zu flicken. Interessanter für mich war dann schon das Hinterhaus auf der gegenüberliegenden Seite Am Hang 56 vom Schuster Schmidt. Hier war es immer ein wenig unheimlich für mich. In einem spärlich beleuchteten Raum saß ein älterer Mann mit Nickelbrille, großer Schürze und klopfte auf einem Dreifuss auf irgendwelchen Schuhsohlen herum. Noch Jahre später erinnerte mich der Duft von Leim und Leder an diese alte Werkstätte. Wieder zurück im Tageslicht auf der anderen Straßenseite, fast zu Hause, fragte mich nun meine Mutter, was wir keinesfalls vergessen dürften? Natürlich die Emaille Kanne mit der frischen Milch von Herrn Pietsch. Diese durfte ich dann vorsichtig zurück tragen.
Autor: Burkhard Fiebig
Erwischt
In den 50er Jahren spielte der SSV Heilsberg Fussball auf einem ziemlich holprigen Platz, frisch angelegt über eine aufgefüllte und planierte Abfallgrube, etwa dort wo heute das City-Hotel steht. Die Spielfläche war leicht abschüssig. Sie bestand aus vielen Grasbüscheln mit reichlich Disteln dazwischen und zahlreichen Unebenheiten, die sie zum Schrecken der Gastmannschaften machte weil die Bälle oft in eine andere Richtung absprangen als es die Gesetze der Physik erwarten ließen. (Das war übrigens besonders prickelnd für uns in der Großfeld-Handballmannschaft, die 1960 gegründet wurde aber nur wenige Jahre lang aktiv blieb.)
Der Platz war mit einem einfachen niedrigen Holzgeländer umgeben. Dahinter standen die Zuschauer. Als Schüler besuchten wir oft die Heimspiele am Sonntag nachmittag, wobei wir schändlicherweise versuchten, uns vor dem Erlös einer Eintrittskarte zu drücken. Ich musterte dabei mit geübtem Blick die meist übersichtliche Zuschauerrunde, um die Position zu erkennen, wo sich gerade Otto Przykop befand, der als Vereinskassierer seine Runden drehte. Wir stellten uns dann auf die gegenüber liegende Seite. Wenn Otto langsam näher rückte, setzten wir uns rechtzeitig „unauffällig“ in Bewegung um den
Abstand zu halten.
Aber einmal, abgelenkt durch die Dramatik auf dem Spielfeld oder die Intensität unserer Gespräche hatte ich Otto aus den Augen verloren. Während ich noch verzweifelt nach ihm Ausschau hielt, legte sich von hinten eine schwere Hand auf meine Schulter und ein breit grinsender Otto sagte in seinem schönen Ostpreußisch: „Nu Jungchen, hab ich dir jegrabbelt!“ und mein kleiner Obulus war fällig.
Autor: Wolfgang Girke
Der Zusammenhang von Rente, Kinderwagen und Sperrmüll
In alten Zeiten, als das Sperrmüllauto noch in regelmäßigem Rhythmus durch die Straßen des Heilsbergs fuhr, ging eine alte Dame monatlich selbständig zur Bank, um ihre Rente abzuholen. Sie benutzte dazu einen alten, schon seit vielen Jahren ausrangierten kleinen Korbkinderwagen. Zwar waren schon zur damaligen Zeit die großen Kinderwägen mit hohen Rädern modern, das war der älteren Dame jedoch egal. Sie benutzte den Kinderwagen nicht, weil ihre Rente so schwer war, sondern weil sie damit besser gehen konnte. Der Wagen blieb immer vor der Bank stehen, bis sie ihre Geldgeschäfte erledigt hatte.
Die Müllmänner dachten wohl, er sei Sperrmüll und nahmen den Kinderwagen mit.
Ein aufmerksamer Bankbeamter sah das, rannte dem Müllauto hinterher und konnte den Kinderwagen retten. So konnte die alte Dame noch viele Jahre selbständig ihre Rente abholen.
Dem Kinderwagen wurde später der Aufsatz abgenommen und der Rollator war geboren und trat seinen Siegeszug an. Er braucht kein Benzin und keinen Parkplatz und bekam deshalb den Ökostempel. Die Erfinderin aber bekam leider nichts: keine Erfinderprämie und auch keine größere oder schwerere Rente. Schade!
Autorin: K. Schwab
Leicht verändert von: Ute Volz
Tomatensuppe
Mein erster grausamer Tag auf dem Heilsberg! Ich Herbert, kam als 5jähriger mit meiner Mutter und meinen beiden älteren Brüdern 1949 auf den Heilsberg. Meine Mutter meinte, da ich noch nicht zur Schule ging, es wäre gut für mich in den Kindergarten zu gehen, um neue Freunde kennen zu lernen. Ich war skeptisch. Sie brachte mich am nächsten Tag zur „Amsel“. Der Vormittag war recht angenehm. Es war sogar Spielzeug vorhanden und wir machten einige Gemeinschaftsspiele. Zur Mittagszeit wurden wir zum Essen gerufen.
Und dann kam das Grauen: Tomatensuppe!
Ich hasste Tomatensuppe!
Der Kindergärtnerin sagte ich, dass ich keine Tomatensuppe esse und jetzt nach Hause gehe. Ich ging zur Tür und wollte hinausgehen. Die Tante hielt aber die Tür zu und sagte ich solle die Suppe essen. Schnurstracks bin ich zum offenen Fenster gerannt und rausgesprungen und nach Hause gelaufen. Empört habe ich meiner Mutter gesagt, dass ich nie wieder in den Kindergarten gehe. Da muss man ja Tomatensuppe essen. Meine Mutter hatte Verständnis für mich. Ich bin tatsächlich nie wieder in den Kindergarten gegangen. Hatte ich doch den schönsten und größten Spielplatz der Welt direkt neben dem Haus. Die alte Sandgrube zum Buddeln und den ganzen Bad Vilbeler Hang mit Russenwäldchen als Abenteuerspielplatz. Mit meinen damaligen Kumpeln und Nachbarkinder Manfred und Klaus Schmidt und Rainer Gaumann haben wir so manches Abenteuer auf unserem Spielplatz erlebt. Es war Freiheit pur. Komisch, heute esse ich Tomaten recht gerne.
Autor: Herbert Zunk
gekürzt von Ute Volz
Das Haus rechts im Bild ist das sogenannte Amselhaus, der damalige Kindergarten.
Quelle: Stadtarchiv Bad Vilbel